Im Schwalbenring in Ibbenbüren steht eine alte Eiche, die hier schon längst ihren festen Platz hatte, als die ersten Häuser der Siedlung im Ortsteil Schierloh gebaut worden sind. „Wir haben unser Grundstück mitsamt Haus vor mehr als 40 Jahren gekauft, da stand sie schon genauso da“, erzählt Josef Vörckel. Der 71-Jährige ist stolz auf seinen Baum und gespannt auf den geschulten Blick von Diplom-Ingenieur Jürgen Unger aus Hörstel. Im Rahmen der kommunalen Baumoffensive zu Pflege und Erhalt privater Bäume ist der Baumpfleger seit Ende vergangenen Jahres häufig in und um Ibbenbüren unterwegs. Vorbildlich nennt Unger die Förderung der Stadt unter dem Motto Baumbestand pflegen, statt fällen: „Keine andere Kommune bietet seinen Bürgerinnen und Bürgern so eine kostenlose Beratung.“
Ein Baum kennt keine soziale Marktwirtschaft
Familie Vörckel hat aus der Zeitung von der Baumoffensive erfahren und sich direkt an Luise Reiher gewendet. Die Umweltschutzbeauftragte der Stadt Ibbenbüren hat den Kontakt zu Unger hergestellt und ist beim Besuch der Eiche ebenfalls dabei. Das Wichtigste vorab: „Die Eiche sieht insgesamt sehr gut aus“, so Unger. „Sie macht einen gesunden Eindruck und hat schönen Zuwachs.“ Ihr Besitzer bekommt sein Gutachten natürlich noch einmal ausführlich schriftlich. Aber Sorgen muss sich die Familie nicht machen. Auch nicht beim Blick auf einige trockene Äste in geschätzten zehn Metern Höhe. „Man muss den Baum immer insgesamt betrachten“, erklärt der Baumpfleger: „Ein Baum kennt keine soziale Marktwirtschaft, was ihm nichts bringt, das stößt er ab. Aber deshalb ist noch lange nicht jeder Ast, der keine Blätter trägt, Totholz.“ Das Alter des Baums kann auch er nur schätzen. Grundsätzlich hätten Eichen durchaus Potenzial für bis zu 1.000 Jahre. „Bei dieser hier würde ich von 80 bis 100 Jahren ausgehen, die sie hier schon stehen dürfte.“ Seine endgültige Größe hat die Eiche erreicht, da ist sich Unger ziemlich sicher – sehr zur Freude von Josef Vörckel. Denn so sehr er seinen Baum liebt – und ihn auch niemals fällen wollen würde – zwei Wehmutstropfen gibt es. Zum einen das Laub. „So 60 bis 70 Säcke bringe ich jeden Herbst weg“, verrät der Rentner. Zum anderen hätte er gerne auch eine Photovoltaikanlage auf dem Haus. „Aber das macht leider weniger Sinn, weil der Baum nachmittags den Schatten auf das Dach Richtung Süd-West wirft.“
Sicherheit bestätigt
Vor fünf bis sechs Jahren hat Josef Vörckel die Eiche das letzte Mal prüfen lassen. In dem Zuge ist auch die Kronensicherung eingebaut worden, die Unger begutachtet. Auch hier hat der unabhängige Kontrolleur nichts auszusetzen. „Wenn sie auf Spannung säße, müsste sie nachgestellt werden oder raus“, erklärt er: „Weil der Baum sich sonst nicht bewegen kann und ohne Bewegung kein Stammholz aufbauen kann.“ Abschließend brennt Josef Vörckel noch eine Frage besonders unter den Nägeln: Ist es ein Baum oder sind es zwei? Denn sehr nah über dem Boden sieht es fast so aus, als wären es zwei Stämme. „Hier ist es einer“, versichert Unger und verrät, wie sich jeder diese Frage relativ einfach selbst beantworten kann: „Wenn beide im Frühjahr gleichzeitig austreiben, ist es ein Stamm.“ Und noch einen Tipp gibt er allen Baumbesitzern: Direkt am Boden, im Wurzelbereich rund um den Stamm nicht zu viel zubauen. Sonst fehlt dem Baum ganz einfach der Platz. Josef Vörckel ist froh, das Angebot im Rahmen der Baumoffensive der Stadt genutzt zu haben. Bei den Stürmen zuletzt im Februar war ihm und seiner Frau schon manchmal etwas mulmig, wenn sie hinauf in die Krone der hohen Eiche geschaut haben. Jetzt können die beiden wieder ruhig schlafen.
Förderung geht 2023 weiter
Für 2022 ist das Budget für eine 100-prozentige Förderung von Baumkontrolle und Baumberatung über einen zertifizierten Baumkontrolleur inzwischen ausgeschöpft. Jedoch haben alle an diesem Förderprogramm interessierten Bürgerinnen und Bürger ab dem 1. Januar 2023 wieder die Möglichkeit, ein Formular einzureichen, um die Förderung zu nutzen. Der Rat der Stadt Ibbenbüren hatte das Programm auch für das Jahr 2023 beschlossen.