Eine der Familien ist Familie Stegemann (Patrick und Carina mit ihren beiden Kindern) aus Dörenthe. Für sie hat das Projekt „Rad-Wechsel“ den Anstoß gegeben, sich ein E-Lastenrad anzuschaffen. Hier finden beide Töchter gut Platz, sodass Familienausflügen nichts im Wege steht.
Die Erfahrungen ohne Auto im Alltag
Woche 1: „Wir kommen oft ins Gespräch mit Passanten über das Rad und die Rahmenbedingungen. Es gibt großes Interesse und bei einem Passanten offenbar auch die Überlegung, sich auch selbst eines anzuschaffen. Unsere Tochter wird täglich mit dem Rad von der Kita abgeholt. Die meisten Autofahrer sind sehr zuvorkommend und gewähren gerne Vorfahrt an Überwegen. Der Weg zum Einkaufen an der Münsterstraße ist mit dem Fahrrad aber mäßig gut nutzbar. Er ist sehr schmal und muss von Radfahrern und Fußgängern gleichermaßen genutzt werden. Zudem ist der Weg sehr uneben und man hüpft eher mit dem Rad, als das man fährt. Wir fahren daher lieber einen Umweg durch die angrenzende Siedlung. Einmal die Woche fährt unsere Tochter zur Oma nach Bevergern. Normalerweise würden wir sie abends abholen. Nun wird sie zurückgebracht. In Ausnahmefällen nutzen wir den Bus oder das Rad, um sie abzuholen. Im Sommer, wenn es abends noch hell ist, würde man dies vielleicht noch eher machen. An einem Morgen hat es geschneit, darum konnten wir das Rad nicht zum Einkaufen nutzen, deshalb haben wir überlegt, den Bus zu nehmen. Aber: Hier muss aufgrund der Taktung mindestens eine Stunde Aufenthalt eingeplant werden. Auch unsere Tochter wollten wir nachmittags mit dem Bus von der Kita abholen, die Taktung hätte gepasst. Wir haben dann aber doch das Rad genommen, der Schnee war geschmolzen. Ein Zahnarztbesuch in der Innenstadt sowie der Einkauf sind mit dem Rad kein Problem. Die Fahrradstraße, die in die Innenstadt führt, ist gut befahrbar; die Fahrradampel an der Kreuzung Richtung Kino ist super! Einen Besuch in der Bücherei planen wir mit dem Bus. Die Hinfahrt mit beiden Kindern funktioniert gut. Der geplante Bus für den Rückweg fällt unerklärlicherweise aus, sodass ich mit beiden Kindern (3 Jahre und 3 Monate) an der befahrenen Hauptstraße eine halbe Stunde warten muss. Das ist sehr ärgerlich, da man mit Baby nicht so schnell auf die Aktionen des Kleinkindes reagieren kann und dies an der Hauptstraße gefährlich werden kann. Zum Glück gab es direkt an der Haltestelle eine Tankstelle mit Autowaschanlage, womit sich die Kleine gut ablenken ließ. Sonntags waren wir zum Frühstück in Bevergern. Wir konnten leider nicht mit dem Bus fahren, da es am Sonntag keine Verbindungen gibt. Gerade aber sonntags würden wir jedoch gerne die Großeltern in Bevergern oder Urgroßeltern in Rheine besuchen. An diesem Sonntagmorgen lag viel Schnee und es schneit auch weiterhin noch leicht. Wir nutzten (trotz eines Angebots uns abzuholen) die Fahrräder. Die Kinder fahren super gerne im Rad mit, und der Weg nach Bevergern über Riesenbeck ist zum Großteil gut gestreut. Trotz des Schnees macht es Spaß, mit dem Rad zu fahren. Wir brauchen ca. 20 Minuten für einen Weg, aber dank der Unterstützung ist es keine große Anstrengung mit beiden Kindern im Rad dorthin zu fahren.“
Woche 2: „Diese Woche ist einer von uns ins Uniklinikum Düsseldorf gefahren: Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln wurde die Hinfahrt im Vorfeld mit ca. 2,5 Stunden angegeben. Aufgrund von Gleisarbeiten wurde jedoch auf Teilstrecken ein Bus eingesetzt. Die Fahrt gestaltete sich hierdurch sehr viel länger und umständlicher. Das Fahrtziel wurde mit Verspätung erreicht und die gesamte Tour belief sich auf 9 Stunden bei einer Behandlungszeit von ca. einer Stunde. Die Fahrt zum hiesigen Kinderarzt funktioniert mit dem Rad sehr viel schneller. Aufgrund der begrenzten und beengten Parksituation vor Ort ist es eine Erleichterung, mit dem Rad zu fahren und direkt vor der Tür parken zu können. Beim Einkaufen mit dem Rad ist es aber leider nicht möglich, größere Gegenstände, wie z.B. Möbel, mitzunehmen. Hierfür mussten wir die Familie einspannen, um ein Möbelstück kaufen zu können. Wir treffen uns wöchentlich mit einer anderen Familie. Diese Treffen finden aktuell bei uns statt, da die andere Familie auf dem Berg am anderen Ende der Stadt wohnt und bei Schnee oder Regenwetter die Fahrt mit dem Rad manchmal schwierig wird und es abends so schnell dunkel wird. Im Sommer wären solche Besuche sicherlich problemlos möglich. Bei überfrierender Glätte war an einem Morgen die Fahrt mit dem Rad zum Kindergarten unmöglich. Beim ersten Verlassen des Hauses war die Auffahrt so glatt, dass man sich dort nicht halten konnte. Da unsere Tochter aktuell bei niemand anderem alleine mitfahren will, blieb nur die Alternative, dass wir beide bei den Nachbarn im Auto mitfahren mussten. Auf dem Rückweg habe ich sie mit dem Bus abgeholt. Die Busverbindung ist zu dieser Uhrzeit so gut getaktet, dass wir problemlos mit dem Bus fahren konnten. Auch die Mitnahme des Kinderwagens war bisher kein Problem. Am Wochenende haben wir einen Ausflug zu den Urgroßeltern nach Rheine gemacht. Unsere Tochter ist in Bevergern zugestiegen, da sie den Vormittag bei ihrer Oma verbracht hatte. Wir sind erst nach Rheine in die Stadt gefahren und später von dort aus weiter an den Stadtrand, um zum Haus der Urgroßeltern zu gelangen. Soweit hat alles gut geklappt. Bei der Planung der Rückfahrt fiel dann allerdings auf, dass der Bus ab einer bestimmten Uhrzeit samstags nicht mehr regelmäßig fährt, sondern nur noch alle paar Stunden. Wir hätten so mit zwei kleinen Kindern im Kinderwagen und zu Fuß mit dem nächsten Bus um 18:40 Uhr aus Rheine nach Hause fahren können. Bis zur Bushaltestelle, an welcher dieser Bus fuhr, wären es jedoch auch noch einmal 15 bis 20 Minuten Fußweg gewesen, mit einem jetzt schlafenden Kind auf dem Arm und dem Baby im Kinderwagen. Wir baten daher meine Schwester, uns mit dem Auto abzuholen. Sie musste jedoch erst einmal zu uns nach Hause fahren, um den Maxi-Cosi für das Baby mitnehmen zu können. Neben dem Sonntag, an dem kein Bus fährt, fällt so zukünftig auch der Samstagnachmittag als Besuchstag bei den Urgroßeltern weg. Und: Immer wieder fällt auf, dass verschiedene Radwege aufgrund von Bauarbeiten komplett gesperrt sind und nur das Ausweichen in den fließenden Verkehr als Option bleibt (Beispiel: Arbeiten im Gewerbegebiet oder Radweg bei Moubis).
Woche 3: „In dieser Woche sind uns wieder einige Interessierte begegnet, die sich gerne näher über das Fahrrad austauschen wollen. Vor allem Senioren scheinen gerne mit dem Rad unterwegs zu sein und legen, nach eigener Aussage, mit ihren E-Bikes nun noch mehr Strecken mit dem Rad zurück anstatt das Auto zu nutzen. Ein Besuch mit zwei Kindern in der Stadt lässt sich sehr gut machen. Die Rundtour: Kinderarzt, Einkauf, Bücherei und weitere lässt sich problemlos und entspannt mit dem Rad unternehmen. Mit dem Auto hätten wir hierzu mindestens dreimal einen neuen Parkplatz suchen oder mit dem Kinderwagen lange Strecken laufen müssen. Am Wochenende waren wir auf mehrere Geburtstage eingeladen, mussten diese jedoch krankheitsbedingt absagen. Mit dem Rad und zwei Kindern unter anderem quer durch die Stadt und den anderen Berg wieder hinaufzufahren, war zu diesem Zeitpunkt leider nicht machbar. Zudem waren wir zu einem Geburtstag in Lüdinghausen eingeladen. Mit dem Rad ist diese Strecke leider viel zu weit und mit Zug und Bus war das Ziel nicht erreichbar. Der Hinweg bis zum Bahnhof in Lüdinghausen wurde mit ca. 3 Stunden angegeben und der Rückweg am gleichen Tag überhaupt nicht umsetzbar. Zum Ende der Woche fiel uns auf, dass das Rad sich sehr schwammig fährt. Gerade mit Gewicht darin merkt man, dass etwas mit der Lenkung nicht stimmt. Da es zu keinem Unfall gekommen ist, liegt die Vermutung nah, dass evtl. ein Auto das Rad auf einem Parkplatz touchiert haben könnte. Das Rad kommt nun in der nächsten Woche zur Inspektion, um die Ursache zu klären.“
Woche 4: Die Busfahrten finden die Kinder besonders toll. Dies ist immer noch ein Highlight, auch wenn wir den Bus nun öfter nutzen, um z.B. in die Stadt zu fahren. Auffällig ist, dass der Radweg oft als Abstellfläche genutzt wird und man hierdurch auf die Straße ausweichen muss. Niemandem würde einfallen das Auto oder auch Mülltonnen mitten auf der Straße abzustellen. Auf Fahrradwegen ist dies anders und das Parken oder Abstellen von Dingen quasi Normalität. Am Wochenende haben wir eine große Tour mit den Kindern im Lastenrad und dem Hund im Anhänger unternommen. Mit Musik im Rad macht die Fahrt richtig Spaß und auf dem Rückweg haben wir sogar noch einen geliehenen Kindersitz auf dem Fahrrad mitnehmen können. Die Fahrten zur Arbeit werden nur mit dem Bus unternommen. Die Strecke nach Münster lässt sich mit dem Bus sehr gut bewältigen. Ein Sitzplatz ist immer vorhanden und so ist auf der einstündigen Fahrt noch Zeit, etwas Schlaf nachzuholen oder Dinge zu hören oder zu lesen. Die Zugfahrt ist hierzu keine Alternative, da ein Umstieg in Rheine notwendig ist und dieser erfahrungsgemäß nicht immer pünktlich erreicht wird. Durch den Schnellbus nach Münster, welcher mindestens stündlich fährt, ist die Hin- und Rückfahrt jedoch auch bei längeren Arbeitszeiten problemlos möglich.“
Die Aktion „Rad-Wechsel“ ist ein weiterer Baustein der Initiative für „Gutes Klima“ in Ibbenbüren. Insgesamt werden dabei sechs E-Lastenräder gefördert. Drei junge Familien mit mindestens einem nach dem 31. Dezember 2015 geborenen Kind sowie drei weitere Privathaushalte erhalten je eine Förderung in Höhe von pauschal 1000 Euro als Zuschuss für die Neuanschaffung eines E-Lastenrades. Ein übertragbares Monatsticket von der RVM gibt es dazu. Dafür wird ein Monat auf das Auto verzichtet, und das Fahrrad erhält ein Branding mit dem Logo der Kampagne.
Mehr zum Projekt Rad-Wechsel auf den Seiten der Stadt Ibbenbüren.