Klimaoffensive, Mobilitätskonzept und jetzt noch eine Baumoffensive – wer sich die Titelthemen von „Gutes Klima für Ibbenbüren“ anschaut, könnte meinen, in Ibbenbüren wachsen die Ideen für eine nachhaltige Stadtentwicklung auf den Bäumen. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Eine, die aus erster Hand weiß, wieviel Vorarbeit in so einem Masterplansteckt, ist Fachdienstleiterin Stadtplanung Monika Kaß. Sie ist bereits federführend am Projekt Kohlekonversion der Region beteiligt und verantwortet die gesamtstädtische Stadtentwicklung. Mit dem Masterplan Grün liegt jetzt ein weiteres sogenanntes gesamtstrategisches Instrument auf ihrem Schreibtisch. So geht es hier wie auch bei der Kohlekonversion darum, Stadt und Region fit für die Herausforderungen des Klimawandels zu machen und die Lebensqualität der Menschen zu steigern. Um diese Ziele zu erreichen, stehen für Monika Kaß der Ausbau und die Verknüpfung von Grünräumen im Fokus: „Es ist wichtig, dass die Funktionalität der vorhandenen Grünräume gestärkt wird. Wir haben das Glück, dass in Ibbenbüren noch viel Potenzial vorhanden ist, und die Bürgerinnen und Bürger daran interessiert sind, ihren Lebensraum naturnaher und nachhaltiger zu gestalten und zu nutzen.“
Monika Kaß lebt selbst mit Blick ins Grüne, und den möchte sie unter keinen Umständen mehr missen. Als Stadtplanerin und Landschaftsarchitektin weiß sie, dass Grünräume nicht nur die Laune ihrer Bewohnerinnen und Bewohner positiv beeinflussen, sondern auch das Stadtklima insgesamt. „Der Einfluss, den die Natur auf das Leben im städtischen Bereich hat, ist bemerkenswert“, berichtet Monika Kaß aus Erfahrung: „Richtig eingesetzt regulieren Grünräume Temperatur- und Windverhältnisse und sind der Schlüssel zu einem klugen Wassermanagement, das Starkregenfälle und Trockenphasen ausgleichen kann.“
Natürlich vernetzt
Der Masterplan Grün sieht die sinnvolle Fortführung und Vernetzung bereits realisierter und noch geplanter Maßnahmen vor. Es wird geprüft, wo Grünräume in der Stadt am besten gestärkt oder neu geschaffen werden können, und wie sie sich am sinnvollsten vernetzen lassen. Denn zusammenhängende Grünflächen sind nicht nur bessere Lebensräume für Insekten und Vögel, sondern fördern auch den Rad- und Fußverkehr. Rund um den Aasee ist in dieser Hinsicht schon viel passiert – der Masterplan Grün soll seinen Blick mit diesen Erfahrungswerten nun auf die ganze Stadt richten. Alle Maßnahmen werden auf Zukunftsfähigkeit geprüft, angefangen bei der Auswahl der geeigneten Bepflanzung. Denn diese soll nicht nur langfristig mit steigenden Temperaturen und vermehrten Extremwetterlagen zurechtkommen, sondern auch zum jeweiligen Standort passen. So sind früchtetragende Bäume und Sträucher zwar wichtige Schutzräume für viele Insekten und Vögel, in unmittelbarer Nähe zu Verkehrswegen verursachen sie allerdings Mehraufwand in Form von Straßenreinigung und Beschnitt. „Zwar ist jeder Baum in der Fußgängerzone ein Gewinn, aber wir müssen Nutzungskonflikte vermeiden und verstärkt darauf achten, dort Bäume zu pflanzen, wo sie auch Raum zum Wachsen haben“, erläutert Monika Kaß einen von vielen Planungsaspekten. Ein Beispiel hierfür ist der Grünzug am Wallheckenweg. Der Grünraum entlang der Haupterschließungsstraße ist bereits wesentlich breiter angelegt als das früher der Fall gewesen wäre. So haben die Bäume mehr Platz, und Nutzungskonflikte mit Anwohnerinnen und Anwohnern entstehen erst gar nicht. Solche zusammenhängenden Grünachsen tragen wesentlich zur Attraktivität von Wohnvierteln bei und funktionieren ökologisch besser als verstreute grüne Fleckchen.
Grünes Licht für den Masterplan
Das Signal für den Masterplan steht in mehrfacher Hinsicht auf grün: Der Förderantrag für das Bundesprogramm zur Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel ist gestellt. Letztes Jahr wurde die Projektskizze eingereicht und Anfang 2022 beim Projektträger vorgestellt. Sobald die Förderzusage erteilt ist, werden die nächsten Schritte eingeleitet. Einer davon ist die Suche nach geeigneten Partnern aus der Landschaftsarchitektur und -ökologie für die Umsetzung. Abgeschlossen ist die zukunftsfähige Stadtentwicklung damit allerdings nicht. Damit verhält es sich nämlich wie mit der Natur selbst: Gesundes Wachstum erfordert Anpassungsfähigkeit und Veränderung. „Deshalb darf der Masterplan Grün auch gerne erweitert und korrigiert werden. Es werden auf jeden Fall sehr viele Fachleute sowie Bürgerinnen und Bürger in die Weiterbearbeitung eingebunden. Wir wollen hören, was die Menschen wollen und nichts vorschreiben. Mit diesem Vorgehen haben wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht und viele bereichernde Ideen aus der Bevölkerung bekommen“, betont Monika Kaß. Es hört sich also ganz danach an, als hätten bald noch mehr Ibbenbürenerinnen und Ibbenbürener einen Blick ins Grüne.