Es liegt in der Natur der Sache, dass die meisten wissenschaftlichen Arbeiten eher sperrige Titel haben, aber auch unter einem sperrigen Titel lässt sich durchaus eine runde Sache abhandeln. Ein Beispiel dafür ist die Bachelor-Arbeit des Studenten Hendrik Manteuffel. Unter dem Titel „Umgestaltung des Knotenpunktes L598 / K17 / Jordanstraße“ hat er kürzlich seine Bachelorarbeit an der Fachhochschule Münster zur Planung eines Kreisverkehrs in Püsselbüren vorgelegt.
Im Gespräch mit Hendrik Manteuffel wird schnell deutlich, wie komplex so ein Kreisel wirklich ist. Denn bei der Planung geht es um weit mehr als eine kreisförmig angelegte Fahrbahn. Neben den baulichen Lösungen, wie z. B. der Entwässerung und dem Fahrbahnaufbau müssen auch die Bedingungen vor Ort und die Nutzung durch die unterschiedlichsten Verkehrsteilnehmenden berücksichtigt werden.
Aufmerksam geworden war er auf das Thema eigentlich erst durch einen kurzen Artikel in der Ibbenbürener Volkszeitung, in dem es um die Umgestaltung einer vorfahrtsgeregelten Kreuzung in der Nähe seines Elternhauses ging. Als angehenden Bauingenieur mit besonderem Interesse für Strukturprojekte im öffentlichen Raum, reizte ihn die Problemstellung sofort. Nach einem Gespräch mit seinem Chef vom ibbenbürener Ingenieurbüro Schmelzer, bei dem er gerade seine Praxisphase absolvierte, stand die Entscheidung für das Thema seiner Bachelor-Arbeit fest. Seine betreuende Professorin an der FH Münster war auch einverstanden und bei der Stadt Ibbenbüren sicherte ihm auch die Ingenieure des Fachdiensts Tiefbau ihre Unterstützung zu.
Die Straße ist nicht nur für Autos da
„In der Bestandssituation wird dem Kraftfahrzeugverkehr ein hoher Anteil an Straßenraum zur Verfügung gestellt, das entspricht nicht dem heutigen Standard im innerörtlichen Bereich. Heute wird aus einer anderen Perspektive geplant, die Fuß- und Radverkehr so viel Fläche wie möglich bieten soll. Auch mobilitätseingeschränkte Menschen werden berücksichtigt. Aktuell gibt es keine Bodenindikatoren für Menschen mit Sehbehinderungen und es sind teilweise zehn Meter Querungsweg bis zur Mittelinsel zu bewältigen – das
macht das selbstständige Überqueren sehr schwierig!“, fasst Hendrik Manteuffel den Planungsprozess zusammen.
In seinem Entwurf hat er nicht nur die konfliktarme Integration des Radverkehrs und barrierefreie Fußgängerüberquerungen festgelegt, sondern auch umwelt- und klimaschutzwirksame Kriterien mitgedacht. So steigt der Grünflächenanteil bei Kreisverkehrslösungen um 25 bis 30 Prozent im Vergleich zum jetzigen Ist-Zustand als vorfahrtgeregelte Kreuzung. Eine mögliche begrünte Mittelinsel im Zentrum des Kreisverkehrs und die Fahrbahnteiler in den Zufahrten bedeuten weniger versiegelte Flächen und damit einen kleinen, aber nicht zu vernachlässigenden Beitrag zum besseren Stadtklima – und zur besseren Optik.
Mehr Sicherheit und weniger Lärm
Noch mehr Aspekte sprechen für die Umgestaltung von vorfahrt- oder signalgesteuerten Kreuzungen in Ortschaften. „Ein Kreisverkehr dämpft die Geschwindigkeit der Autos und kann damit auch Lärmemissionen im Vergleich zur vorfahrtgeregelten Kreuzung um bis zu drei Dezibel reduzieren. Das ist subjektiv wahrnehmbar“, erklärt Hendrik Manteuffel. An der betreffenden Kreuzung in Püsselbüren kam dazu noch ein relativ hohes Unfallgeschehen. Von 2017 bis 2020 gab es dort fünf Unfälle mit Personenschaden. Erfahrungsgemäß kommt es durch die geringere Anzahl von Konfliktpunkten an Kreisverkehren zu weniger Unfällen.
Und wann wird der Umbau des „Knotenpunktes L598 / K17 / Jordanstraße“ stattfinden? „Meine Planung wird zur Umsetzung in Betracht gezogen und es sieht sehr danach aus, dass der Entwurf ein wichtiger Baustein zur Realisierung sein kann. Der zeitliche Rahmen steht zwar noch nicht fest, aber die nächsten Planungsstufen könnten nach Abstimmung mit allen Beteiligten folgen“, so Hendrik Manteuffel, für den es wenige Tage nach seiner sehr gut bestandenen Bachelor-Arbeit schon wieder weitergeht: Jetzt startet er den Master-Studiengang.